Hexen (Niederdeutsch)
In oln Tieden wörn de kloken oln Fruns gern mal üm Rat fragt, wenn en Minsch oder en Tier in’t Hus krank weern. See kunn‘ ut Krut un Kram wat trech kaken, wat god weer gegen allerhand. As awer de christlichen Preesters in’t Land kamen dön, wulln de dar nix mehr von weten, dat de kloken Fruns fragt wörn. Dat weern Hexen, sä’n se, de höln dat mit den Düwel, un von den Düvel harrn se ok er Macht.
Wenn se nösen so’n ol Fru op’n Kieker kreegen, denn weern se achter er her. Fruns mit rode Ogen, hängen Lipp un Stummeltähns de wern an meisten verdächtig. De wörn fat kregen, in’t Lock steken, op de Folter spannt, un wenn se denn vör Wehdag wat sä’n, wat se süns ni seggt harrn, denn wörn se velmals to’n Dod verurdeelt un verbrennt. Er Seel, so meenen de Lüd, kunn na ern Dod dat Düwelswark wieder drieven, wenn dat Für er ni tonich maken dö. –
Op’n Breedenfell bi Pöschendörp hebbt se mal en Hex ut Vaale verbrennt. Dar liggt en Hünengraff, de Krinkbarg, dat is de Sted. De Fru von en Burn in Vaale schull de Lüd in’n Dörp mit ern Hexekram veln Schaden dan hebb’n: er Kinner wörn krank, sä’n se, un harrn keen Deg, er Veeh kreeg de Sük, un in Hus un Feld harrn se nix as Unglück. Dar harr de Fru de Schuld to, sä’n se. „Ding un Recht“ von dat Kaspel Schenefeld nehm er in’t Verhör, un de Waterprov schul utwiesen, so harr de Fru dat sülben wullt, wat se mit den Düvel to don harr oder nich. Sack se ünner, denn weer se free, bleev se aver baben, dann weer se en Hex: Dat Water nimmt nix an, wat ni hartensrein is. De Fru bleev op’t Water swömm, de Kleeder höln er baben. „Düwel, smiet en Steen op!“ reep se, „Düwel , smiet en Steen op!“ De Düwel hölp er awer ni, un nu weer er Schuld an’n Dag, se schull brennen. Dar wör en Stapel Holt na den Krinkbarg bröcht, un de Burn stelln sik mit Forken un Döschflögeln rund üm den Barg op, so as de Stapel Holt ansteken wör. Se wulln oppassen, dat de Düwel ok mit de Fru verbrennen un ni utkniepen dö.
Gustav Friedrich Meyer, „ Amt Rendsburger Sagen“, Rendsburg 1925
Hexen (Hochdeutsch)
In alten Zeiten wurden die klugen alten Frauen gerne mal um Rat gefragt, wenn ein Mensch oder ein Tier im Hause krank waren. Sie konnten aus Kraut und Sachen etwas rechtes kochen, was gut war gegen allerhand. Als aber die christlichen Priester ins Land kamen, wollten die davon nix mehr wissen, dass die klugen Frauen gefragt wurden. Das seien Hexen, sagten sie, die halten das mit dem Teufel, und von dem Teufel haben sie auch ihre Macht. Wenn sie erstmal so eine alte Frau im Auge bekamen, dann waren sie hinter ihr her. Frauen mit roten Augen, hängenden Lippen und Zahnstummeln die waren am meisten verdächtig. Die wurden gefasst, ins Loch gesteckt, auf die Folter gespannt, und wenn sie dann vor Schmerzen was sagten, was sie sonst nicht gesagt hätten, dann wurden sie vielmals zum Tode verurteilt und verbrannt. Ihre Seele, so meinten die Leute, könnte nach dem Tode das Teufelswerk weiter treiben, wenn das Feuer sie nicht vernichten würde. –
Auf dem Breitenfelde bei Pöschendorf haben sie mal eine Hexe aus Vaale verbrannt, da liegt ein Hünengrab, der Krinkberg, das ist die Stelle. Die Frau von einem Bauern in Vaale soll den Leuten im Dorfe mit ihrer Hexerei viel Schaden beigebracht haben: ihre Kinder wurden krank, sagte sie, und hätten keine Kraft, ihr Vieh bekam die Seuche, und in Haus und Feld hatten sie nichts als Unglück. Daran hatte die Frau die Schuld zu, sagten sie. „Ding und Recht von dem Kirchspiel Schenefeld nahm sie ins Verhör, und die Wasserprobe sollte aufweisen, so hatte die Frau es selber gewollt, was sie mit dem Teufel zu tun hätte oder nicht. Sackte sie unter, dann war sie frei, blieb sie aber oben, dann wäre sie eine Hexe. Das Wasser nimmt nichts an, was nicht vom Herzen rein ist. Die Frau blieb auf dem Wasser schwimmen, die Kleider hielten sie oben. „ Teufel werfe einen Stein rauf!“ rief sie, „Teufel werfe einen Stein rauf!“ Der Teufel half ihr aber nicht, und nun war ihre Schuld an den Tag, sie sollte brennen. Da wurde ein Stapel Holz nach dem Krinkberg gebracht, sogleich als der Stapel Holz angesteckt war, stellten sich die Bauern mit Forken und Dreschflegeln rund um den Berg auf. Sie wollten aufpassen, dass auch der Teufel zusammen mit der Frau verbrennen und nicht auskneifen konnte.